Dieses gemeinsame Spielen hat besser funktioniert als ich dachte

3. Juni 2020

Hallo Danny, stell Dich bitte kurz vor. Was machst Du beruflich und welche Hobbies hast Du?

Danny: Ich bin Schulsozialarbeiter bei der Stiftung SPI in Potsdam und arbeite mit Kindern und Jugendlichen ab ca. 13 Jahren bis zum Abitur. Das hier ist meine erste Stelle nach dem Studium. Ich habe den Master im Studiengang „Soziale Arbeit“ gemacht. Privat wandere ich sehr gerne, ich bin sehr videospielaffin. Das kann ich auch sehr gut in meine Arbeit einbringen, denn Schulsozialarbeit ist doch sehr vielfältig, es gibt sehr viele verschiedene Arbeitsbereiche z.B. klassische Sachen wie Beratung und Begleitung aber auch sehr offene Bereiche wie Projektarbeit. Dort kann man sehr viel selbst einbringen und gestalten. Ich habe seit diesem Halbjahr eigentlich eine Gaming-AG, die leider nur einmal stattgefunden hat, ich bin aber zuversichtlich, dass wir das im nächsten Halbjahr oder spätestens, wenn der Ganztag wieder stattfinden darf, einfach weitermachen.

Vor welcher Herausforderung hast du Anfang, Mitte März gestanden, als die Corona Pandemie ins Rollen kam und die Schule geschlossen wurde?

Danny: Die größte Herausforderung war und ist natürlich das Erreichen der Schülerinnen und Schüler. Die ganz direkte Kontaktaufnahme, weil wir natürlich aus Datenschutzgründen nicht den Zugriff auf den E-Mail-Pool der Schule haben.

Wir haben uns überlegt, wie wir die Leute erreichen können. Da war der erste Gedanke natürlich über soziale Medien. Hauptsächlich Instagram und Facebook. Wir haben versucht, dass jede Schulsozialarbeitsstelle einen Instagram Account hat, um für die spezifischen Leute die Angebote zu bündeln.

Und wer hat sich das überlegt? Haben alle Schulsozialarbeiter*innen zusammengesessen?

Danny: Wir hatten kurz vorher praktischerweise eine Team-Klausur. Es gab währenddessen fast im 30 Minuten Takt neue Informationen darüber, wann die Schulen schließen sollten. Manche waren schneller mit dem Account erstellen und manche langsamer, je nach Erfahrung mit sozialen Medien. Ich selber hatte Instagram vorher nicht genutzt und tat mich dementsprechend schwer.

Hat euch unser Instagram-Leitfaden dabei geholfen?

Danny: Ja, den haben wir auf jeden Fall zur Unterstützung herangezogen. Ich bin mit anderen bei uns im Team für die medialen Sachen zuständig, auch was die Hilfe und Unterstützung der Kolleg*innen betrifft. Wir hatten am Anfang die Aufgabe zu schauen, was muss man beachten und Hinweise und Tipps zu geben.

Gab es Kolleg*innen, die sich nicht vorstellen können z.B. Instagram zu nutzen?

Danny: Ja, einige haben es als schwierig empfunden, sich da auf den Weg zu machen. Wir haben auch zwei Kolleg*innen an den OSZ´s, die sowieso einen ganz anderen Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern haben. Weil die Auszubildenden manchmal monatelang nicht da sind. Daher läuft es dort nur schleppend.

Welche technischen Voraussetzungen habt ihr als Schulsozialarbeiter?

Danny: Wir haben ein Diensthandy, mit dem wir Instagram ohne Probleme nutzen können und natürlich einen Arbeitscomputer in den Schulen.

Welche Angebote machst du über Instagram?

Danny: Ich versuche täglich, die Jugendlichen auf dem Laufenden zu halten, was die Schule betrifft, was hier so los ist. Das ist praktisch wie so ein Newsletter, auch Umfragen mache ich oder auch Gesprächsrunden.

Hast du einen direkten Draht zu deinen Jugendlichen bekommen?

Danny: Es ist nicht so einfach. Unter „meinen“ Followern sind nach wie vor nicht so viele Schülerinnen und Schüler, das braucht wohl noch etwas Zeit.

Danny sitzend halbnah
Instagram: @schulsozialarbeit_gs_schilfhof      Foto: Ute Parthum

Ich habe gesehen, dass es auch auf der Plattform „Discord“ ein Angebot von Dir gibt?

Danny: Ja, das habe ich erst letzte Woche gestartet. Ich habe versucht, zweimal die Woche offene Quatsch-Kanäle zu erstellen. Es lief aber sehr schlecht. Ich führe es jedoch erstmal weiter. Ich spiele mit den Jugendlichen einmal die Woche „Fortnite“. Dadurch weiß ich, dass „Discord“ im Gaming-Bereich genutzt wird. Ich habe einen Server erstellt mit verschiedenen Unterservern für verschiedene Mitteilungen.

Du befindest dich ja derzeit auch in der Qualifizierung zum Medienpädagogen, hat dir das in deiner Arbeit weitergeholfen?

Danny: Mir hat es teilweise sehr gut geholfen. Wir hatten ja praktischerweise kurz vorher die Team-Klausur, wo wir das Thema „Filme machen“ behandelt haben. Das kannte ich aus der Weiterbildung. Ich war in der Vorbereitungsgruppe und habe das mit angeschoben. Wir hatten sehr viel Spaß, unter anderem Stop-Motion-Filme zu erstellen und konnten das dann auch gleich für die Social-Media-Kanäle nutzen. Durch meine Affinität zu diesem Thema, fällt mir der Zugang auch deutlich leichter. Auch was Gaming betrifft habe ich in der Zusatzqualifikation viel gelernt, was ich nun pädagogisch einsetzen kann

Sind dir Probleme zwischen den Jugendlichen oder in den Familien aufgefallen?

Danny: Mir persönlich ist wenig aufgefallen. Nur als Schüler*innen mit mir privat geredet haben, kamen z.B. solche Sätze wie: „Ich bin nicht mehr im Klassenchat drinnen“. Teilweise konnten Schüler*innen also auch keinen Kontakt mehr untereinander halten.

Dadurch, dass viele Eltern und ganze Familien jetzt zuhause sind, haben einige Schüler*innen keinen Schutzraum mehr. Manchmal sind beim Fortnitespielen im Hintergrund die Eltern zu hören gewesen. Die Schüler*innen konnten im Prinzip auch nicht mehr vertraulich über ihre Sachen reden, da im Hintergrund potenziell immer jemand etwas mithören konnte.

Wie sind die Schüler*innen zuhause technisch aufgestellt? Hast du da einen Einblick?

Danny: Nicht wirklich. Aber es ist wohl kaum jemand ganz unter den Tisch gefallen.
Viele Schulaufgaben mussten jedoch ausgedruckt werden, da nicht alles digital bearbeitet werden konnte. Einige Haushalte haben jedoch gar keinen Drucker.

Hast du etwas mitbekommen, wo es kritische, gefährdende Situationen gab für deine Schüler*innen?

Danny: Aus medienpädagogischer Sicht, nein, so konkret nicht. Bedenklich finde ich aber die ungelösten Datenschutzprobleme. „Discord“ ist ja auch z.B. ein US-Unternehmen, das noch nicht geprüft wurde. Man benutzt einfach so viel, ohne sich immer Gedanken darüber zu machen. Auch gibt es kaum einheitliche Standards für die Schulen, jede macht es anders.

Was bräuchte es denn aus deiner Sicht für Voraussetzungen?

Danny: Zeit, Geduld und Unterstützung. Wenn z.B. mal gar nichts mehr geht, können Programme wie Team-Viewer verwendet werden, womit man auf den PC von z.B. einem Kollegen zugreift, um ihm zu helfen. Problematisch ist auch für die Lehrer*innen, wenn man alleine eine Klasse online unterrichtet. Dort kann man nicht alles kontrollieren, was die Klasse macht. Man sollte das nicht alles gleich als perfekt betrachten, sondern als Versuch und daraus lernen.

Wo hast du dich informiert über neue Tools und Programme?

Danny: Einiges kannte ich durch meine Hobbies und meine Weiterbildung, dann habe ich natürlich im Internet recherchiert und ich bin Mitglied im „Netzwerk Medienbildung Potsdam“. Das war sehr nützlich, um sich mit anderen (Medien-)pädagog*innen austauschen zu können, Erfahrungen zu teilen und um zu schauen, ob alles so passt und logisch ist, was ich mir so ausdenke.

Hast du schon eine Idee, welche Programme und Angebote du in der „Post-Corona-Zeit“ weiterverwenden möchtest?

Danny: Ich kann mir vorstellen, dass ich „Fortnite“ weiterhin einsetze. Dieses gemeinsame Spielen hat besser funktioniert, als ich dachte. Ich kann mir vorstellen, solche Angebote zu verstetigen. Jedoch immer nur unregelmäßig. Die Videokonferenzen und Sprachkanäle sind auch ganz praktisch, um barrierefreier mit den Jugendlichen in Kontakt bleiben zu können.