Auf Augenhöhe

3. Dezember 2022

Die Erwartungshaltungen an „Peer-Projekte“ sind immer recht hoch. Das wollten wir uns mal genauer anschauen – und zwar im Workshop „Peer Projekte – Segel setzen für die schulische Medienbildung“, mit dem wir als Medienwerkstatt am 18. November 2022 beim 39. Forum Kommunikationskultur der GMK am Start waren. Schön, dass die Veranstaltung dieses Jahr an der Fachhochschule Clara Hoffbauer stattfand, so hatten wir einen kurzen Weg zum jährlichen, kollegialen Austausch mit Medienpädagog:innen aus ganz Deutschland. Das Thema Augenhöhe stand bei uns ganz oben auf der Agenda und zog sich als roter Faden durch das Panel. Unser Anliegen war es, Ziele und Wirksamkeit von Peer-Ansätzen in der schulischen Medienbildung konkret zu diskutieren. Daher waren neben den Expert:innen auch die beiden Schüler David und Mika des Johann-Rist-Gymnasiums Wedel eingeladen, die von ihrer Arbeit als Medienscouts in ihrer Schule berichteten.

Erwartungen
Vielen gelten „Peer-Projekte“ als Königsweg gelingender Bildungskonzepte, auch in der Medienpädagogik. Sie fokussieren Selbstbestimmung, Selbstwirksamkeit und stärken das Verantwortungsbewusstsein für das eigene Handeln sowie für gemeinschaftliche Prozesse in medialen Zusammenhängen. Soweit die Theorie. Doch wie läuft es in der Praxis?Medienscouts, Netpiloten oder Digidus – welche Erfahrungen machen Pädagog:innen und Schüler:innen? Werden sie hinreichend unterstützt? Und was ist nötig, damit die Projekte gut funktionieren können? Unter dem Sammelbegriff „Medienscouts“ gab Medienwissenschaftlerin Claudia Kuttner (LISUM Berlin/Brandenburg) in ihrem Input zunächst Einblicke in verschiedene Ansätze von Schüler:innen-Partizipation im Medienkontext und stellte dabei heraus, dass ein großes Potential verschenkt bliebe, würden entsprechende Initiativen konzeptionell auf Peer-Education und inhaltlich auf Präventionsmaßnahmen beschränkt werden. Vor diesem Hintergrund plädierte sie zugleich für eine erweiterte Perspektive auf ’schulische Medienbildung‘ in einer Kultur der Digitalität, die nicht nur umfassende Kompetenzkataloge, sondern v.a. Aushandlungsprozesse aller an Schule Beteiligter in den Mittelpunkt stellt. Diese Prozesse sind nicht einfach und oft in ihren Rahmen- und Förderbedingungen nicht optimal ausgestaltet, wovon auch die Bildungsreferentin der Medienwerkstatt Sabine Müller-Bunzel berichten konnte.

Impulse
Erforderlich sind vor allem eine Verstetigung und mittel- bis langfristige Planbarkeit für alle, die sich in diesen Prozessen engagieren. Das würde allen Beteiligten zugutekommen. Net-Piloten-Gründer Andreas Pauly aus Köln verwies ebenfalls auf Rahmenbedingungen in Schulen, die für Peer-Projekte immer noch sehr verschieden sind. Andererseits sind es gerade solche Projekte, die neue Impulse setzen und Veränderungen bewirken. Das bestätigte auch Sabine Müller-Bunzel, die über ihre langjährigen Erfahrungen in der Arbeit mit Schüler:innen berichtete.

Warum werden Schüler:innen Medienscouts?
Eine Frage, die nicht nur die Podiumsgäste bewegte. David und Mika gaben hier sehr interessante Einblicke. Sie können ihren Interessen nachgehen, sind für viele Fragen und Technikpflege zuständig und haben auch eine entsprechende Expertise. Manche gestalten selbstständig und erfolgreich Lehrer- und Elternveranstaltungen, was letztlich über den Peer-Education-Ansatz hinausgeht und sogar intergenerative Potenziale hat. Und für die Mitschüler:innen sind die Medienscouts manchmal auch kleine Stars an den Schulen.
Letztlich können Peer-Projekte an Schulen durch produktive Reibung vielfältige Impulse setzen, um das weiterzuentwickeln, was als „Medienbildung der Schule“ verstanden und praktiziert wird. Klar, dass es auch zu Kontroversen kommt. So wurde seitens des Publikums intensiv die Frage diskutiert, inwieweit die aktuelle Verfasstheit des Schulsystems (Lehrpläne, Fächer, Hierarchien) für neue Formen von Peer-Projekten überhaupt anschlussfähig ist oder ob Peer-Projekte in dieser Hinsicht auch Sollbruchstellen darstellen können. Wir werden dies weiterhin im Auge behalten. Apropos Auge.

Performance
Den Auftakt zum Workshop bildete eine Pe(e)rformance mit Johannes Kubin und dem Team der Medienwerkstatt, welche das Thema „Augenhöhe“ spielerisch ins Auge fasste. Denn darum geht es ja – nicht nur bei Peer-Projekten. Der Song „Supernett“ und eine Art Scrabble, das im Begriff „Augenhoehe“ mündete, waren der assoziative Start für das Panel. Es bleibt die Frage, ist Augenhöhe möglich und gewollt?

 

Teilnehmer:innen des Workshops:
Claudia Kuttner (Kommunikations- und Medienwissenschaftlerin | LISUM und freiberuflich) – Input
Sabine Müller-Bunzel (Bildungsreferentin Medienwerkstatt Potsdam im fjs e.V.)
David Augenstein (Medienscout | Johann-Rist-Gymnasium Wedel)
Mika Schadow (Medienscout | Johann-Rist-Gymnasium Wedel)
Andreas Pauly (Net-Piloten | Fachreferent Suchtprävention Köln)
Moderation:
Ute Parthum (Geschäftsführerin Medienwerkstatt Potsdam im fjs e.V.)

Überblick von Claudia Kuttner zu Medienscoutprojekten (bundesweit): www.claudia-kuttner.de/medienscouts-bundesweit

Songs und Videos unseres performativen Bildungsreferenten Johannes Kubin gibt’s hier:
Der Song „Supernett“ auf YouTube. Johannes Kubin auf Spotify.

Weitere Infos und Nachbetrachtungen zum GMK-Forum findet ihr auf der GMK-Webseite.