Sharenting? – Wenn Eltern ihre Kinder teilen

3. Juni 2020

Fotohinweis: Foto von Tatiana Syrikova von Pexels

Niedliche Fotos aus der Badewanne für die Großeltern, Rat gebende Elternblogs zu Erziehungsfragen, unterhaltsame YouTube-Kanäle oder schöne Instagram-Accounts mit Reisetipps und Rezepten für Kinder: Auf vielfältige Weise dokumentieren unzählige Familien ihren Alltag online und teilen vielfältige Informationen von Kindern und Jugendlichen. Zum Teil sogar so erfolgreich, dass die gesamte Familie davon leben kann.

Sharenting nennt sich diese verbreitete Praxis. Der Begriff Sharenting ist ein Neologismus aus den englischen Wörtern share (teilen) und parenting (Kindererziehung) und beschreibt das Preisgeben von Details über das Leben von Kindern durch ihre Eltern oder Erziehungsberechtigen im Internet.

Harmloses “Freude-Teilen” oder Eingriff in die kindliche Privatsphäre?

So nachvollziehbar und unbedenklich es auf den ersten Blick scheint, das eigene Leben und das Aufwachsen der Kinder mit anderen Menschen insbesondere mit Freund*innen und Verwandten online zu teilen, so problematisch ist es bei genauerer Betrachtung. Und vor allem Erziehungsberechtigte verhalten sich hier oft widersprüchlich: Einerseits regulieren sie das Internetverhalten ihrer Kinder durch Zeitsperren oder Kindersicherungen stark und versuchen sie durch offene Gespräche für Themen wie Online-Mobbing zu sensibilisieren; andererseits verbreiten sie selbst online zahlreiche Informationen über ihr Kind.

Viel diskutiert ist das Thema des Schutzes von Kindern vor nicht altersgerechten Inhalten bzw. Dritten. In Bezug auf den teilweise bestehenden Interessenskonflikt zwischen Eltern- und Kinderrechten besteht jedoch noch großer Diskussionsbedarf.

Schon vor ihrem ersten Schritt haben viele Kinder einen digitalen Fußabdruck

Durch Sharenting hinterlassen Eltern digitale Spuren über das Leben ihrer Kinder und greifen in deren Privatsphäre ein. Während Erwachsene ihre eigenen Parameter zum virtuellen Teilen persönlicher Informationen festlegen können, haben gerade jüngere Kinder keine Kontrolle über ihren digitalen Fußabdruck. Und so verfügen viele Kinder durch das elterliche Hochladen von Ultraschallaufnahmen bereits vor ihrer eigentlichen Geburt unfreiwillig über eine digitale Identität. Doch genau diese digitale Identität bleibt im Internet erhalten, kann immer wieder gesucht und gefunden und so zu einer langfristigen Bedrohung der kindlichen Privatsphäre werden.

Kinder haben ein Recht auf Privatsphäre – auch online

Gerade weil Eltern mit nahezu uneingeschränkter Kontrolle Informationen, Bilder oder Videos ihrer Kinder teilen dürfen, beinhaltet Sharenting die moralische Verpflichtung, als Elternteil stets mit angemessener Diskretion und unter Berücksichtigung der Sicherheit und des Wohlergehens des Kindes zu handeln. Dieser Newsletter ist daher ein kleiner Appell an alle Erziehungsberechtigten, die Interessen und Rechte der Kinder auch online stärker zu berücksichtigen und ihnen so Schutzräume zu ermöglichen, die nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Dieser Newsletter möchte Erziehungsberechtigte und Fachkräfte für das Thema sensibilisieren und anregen, die Interessen und Rechte der Kinder auch online zu schützen.